Nach vielen Jahrhunderten der Dominanz des Daoismus und Buddhismus formte sich in China in etwa ab dem 10. Jahrhundert eine geistige Gegenbewegung in der konfuzianischen Gelehrtenschicht. Aus ihr entwickelte sich eine Geistesströmung, die in Rückbesinnung auf die konfuzianischen Quellen darauf abzielte, über den Weg zurück zu einem Ideal noch älterer Zeiten die Zukunft des chinesischen Reiches zu gestalten. Wer waren ihre Denker und welche Überlegungen bildeten die Grundlage des sogenannten Neokonfuzianismus, der über nahezu 1000 Jahre bis zum Niedergang des kaiserlichen Chinas im Jahr 1911 dessen geistesgeschichtliches Selbstverständnis dominierte? Wir betrachten die Geschichte des Neokonfuzianismus – wie er China lange Zeit prägte und welche Rolle er nun, weit nach dem Ende des Kaisertums, noch spielt.

China und Europa waren weder in kultureller und wirtschaftlicher noch in geistiger Hinsicht voneinander abgeschnitten. Es gab im Gegenteil immer wieder Beziehungen und Berührungspunkte zwischen beiden Kulturkreisen, die letztlich auch das Denken wechselseitig stark beeinflusst haben. Welche Auswirkungen hatte chinesische Philosophie auf die europäische Aufklärung? Und wo erkennt man andersherum Spuren dieses Austauschs in China? Wir betrachten in einem Durchgang durch die Denkgeschichte schlaglichtartig wichtige Punkte, die Verbindungslinien zwischen Ost und West aufzeigen.

Chinas politischer, militärischer und wirtschaftlicher Aufstieg prägt die Gegenwart unseres Planeten und ist von enormen Ambivalenzen gekennzeichnet. Dabei gilt die Nation gleichermaßen als Partner, Konkurrent und systemischer Rivale für den Westen. Grund genug, sich gemeinsam mit mehreren Referent*innen mit dem "Reich der Mitte" und seinen unterschiedlichen Facetten zu befassen – seinem kulturellen Reichtum, seiner jahrtausendealten Geschichte und ebenso mit politischen und gesellschaftlichen Fragestellungen der Gegenwart.