Mit Steckbriefen wurden früher Kriminelle gesucht. Die Reihe der "Literarischen Steckbriefe" vermittelt ebenso kompakt wie pointiert Einblicke in wichtige Epochen, porträtiert außergewöhnliche Persönlichkeiten oder klärt Fragen zu literarischen Werken, die man unbedingt gelesen haben sollte. In der dritten "Steckbrief-Runde" geht es um Friedrich Schiller und sein zwei literarische Epochen umspannendes Dramenwerk, um den Verleger Albert Langen, der mit dem Magazin "Simplizissimus" die Jahrhundertwende prägte sowie um Heinrich Böll, der wie kaum ein anderer Autor die Geschicke der jungen Bundesrepublik begleitete.

George Orwell – geboren 1903 in Bengalen – erfuhr als Polizeibeamter in Burma, Tellerwäscher in London, als Soldat der republikanischen Seite im spanischen Bürgerkrieg und schließlich als Schriftsteller die Dramatik des 20. Jahrhunderts in ihrer ganzen Bandbreite. Hellsichtig und unbestechlich sind seine Analysen des Totalitarismus sowohl was den Faschismus als auch den Stalinismus betrifft. Anlässlich seines 75. Todestages präsentiert die Vortragsreihe das Porträt eines stets kritischen Humanisten. - Schreiben für einen sozialen Humanismus (8.1. 2025)  - Tage in Burma (15.1. 2025) - Die Farm der Tiere (22.1. 2025) - 1984 (29.1. 2025)

Nach 1990 entwickelte sich auch im Literaturbetrieb Ost- und Westdeutschlands eine Aufbruchstimmung. Die Kritik forderte eine modernere, gegenwartsbezogene und lesbare Literatur, die nicht mehr auf die Vergangenheitsbewältigung fixiert sein sollte. Eine neue Generation setzte dies auf durchaus umstrittene Weise um. Einige dieser Autorinnen und Autoren gehören heute zu den namhaftesten Vertretern der Gegenwartsliteratur. Anhand einschlägiger Texte von Christian Kracht, Judith Hermann und Ingo Schulze beleuchtet die Vortragsreihe diesen Aufbruch und seinen Fortgang.

Spätestens seit dem internationalen Bestseller "Die Vermessung der Welt" ist Daniel Kehlmann einer der berühmtesten deutschsprachigen Autoren. Seine Geschichten entwerfen einen literarisch aufgeladenen Phantasieraum, geschaffen von einem Erzähler, der die Realität "nach seinen Vorstellungen" korrigiert. So entsprechen auch Kehlmanns historische Romane nur teilweise den nachprüfbaren Fakten. Der Autor entwickelt eine historiografische Metafiktion, in der sich die Figuren bewegen. Die Vortragsreihe betrachtet diese postmoderne Erzählstrategie anhand von drei seiner berühmtesten Romane: - Die Vermessung der Welt (19.1. 2025) - Tyll (26.1. 2025) - Lichtspiel (2.2. 2025)

Die in Shanghai geborene Autorin Wei Sun hat zahlreiche Romane geschrieben, die in China Bestseller-Auflagen erreichen. Ihr Interesse gilt ebenso Märchensammlungen wie Kriminalfällen oder Fantasythemen. Hierzulande ist die in Saarbrücken lebende Schriftstellerin noch weitgehend zu entdecken. Wei Sun liest aus deutschen Übersetzungen ihrer literarischen Texte. Im Gespräch mit Bachmann-Preisträger Thomas Lang berichtet sie von ihrem Leben in Deutschland, von der heutigen chinesischen Gesellschaft, ihrer Kultur und Mentalität sowie von ihrem Schreiben und der Spannung zwischen den beiden bedeutenden Literatursprachen Chinesisch und Deutsch.

Kein Text steht für sich allein, er ist stets verbunden mit dem Universum der Literatur. Autorinnen und Autoren arbeiten sich nicht nur an ihren eigenen Erfahrungen ab, sondern setzen sich auch mit der literarischen Tradition auseinander. Überblendungen sind seit jeher ein zentrales Merkmal von Literatur und erweitern deren Spielräume. Wir setzen den literarischen Dialog zwischen Texten fort mit E.T.A. Hoffmanns "Der Sandmann" und der gleichnamigen Erzählung von Bodo Kirchhoff: Zwei Werke, in denen Realität und wahnhaftes Erleben der Hauptfiguren einander durchdringen. - E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann (16. 2. 2025) - Bodo Kirchhoff: Der Sandmann (23. 2. 2025)

Schon unmittelbar nach Kriegsende, als das von den Alliierten befreite Deutschland in Trümmern lag, gab es erste literarische Reaktionen auf die unmittelbare Vergangenheit und die Misere der Gegenwart. Auch im stark zerstörten München engagierte man sich für eine neue Literatur – aber "nur gute und moderne Literatur" wie Erich Kästner postulierte. Die Vortragsreihe porträtiert mit Erich Kästner, Alfred Andersch und Wolfgang Koeppen drei Autoren, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, und zeichnet ihre literarischen Anfänge in der Nachkriegszeit nach.

Alfred Andersch (1914-1980) war eine der zentralen Figuren des westdeutschen Literaturbetriebs in den Nachkriegsjahren. Er war Gründungsmitglied der Gruppe 47, initiierte verschiedene Literaturzeitschriften und Hörfunkreihen, engagierte sich für eine offene Diskussionskultur und schrieb literarische Texte in kritischer Distanz zur deutschen Nachkriegsrealität. Nun sind bislang gesperrte Briefe Anderschs an die Malerin und Grafikerin Gisela Groneuer in einer Edition des "treibhaus"-Jahrbuchs zugänglich geworden: Sie setzen 1945 unmittelbar nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft ein und reichen bis 1949. Sie berichten von einer großen Liebe und vom Werden eines unkonventionellen Künstlerpaares, von Widerstand und Kriegsfolgen, Schwierigkeiten in der Besatzungszeit und der Leidenschaft für eine neue demokratische Kultur. Anderschs Tochter Annette Korolnik und Sven Hanuschek stellen Anderschs Briefe im Gespräch mit Dorothee Lossin vor und erzählen, wie es zu dieser Edition gekommen ist.

Erinnerung ist eine dynamische Angelegenheit, die nicht zum Stillstand kommt - sie überschreibt Ereignisse, Erlebnisse, Erfahrungen, Vergangenheit immer wieder neu. An diesem Abend präsentieren die Teilnehmenden des Erinnerungsworkshops im Rahmen des Projekts "Stunde Null? Wie wir wurden, was wir sind" einen kleinen Textreigen aus den in der Schreibwerkstatt aufgerufenen Erinnerungen. Weitere Informationen zu dem Erinnerungsworkshop finden Sie unter der Kursnummer U247020.

Das "Echolot" ist als kollektives Tagebuch ein einzigartiges Werk, das der Autor Walter Kempowski in jahrelanger Arbeit zusammengetragen hat. Es besteht aus ganz unterschiedlichen Texten: zeitgenössischen Äußerungen wie privaten Notizen und Briefen, offiziellen Verlautbarungen, nationalsozialistischer Propaganda und "ganz normalen" Alltagsbeobachtungen. In dieser chronologisch geordneten Collage stehen die Einträge kommentarlos einander gegenüber und entfalten so einen ganz eigentümlichen Sog der Erinnerungsarbeit. In der Bibliothek in der Halle E lesen wir uns das "Echolot" gegenseitig vor, das uns über die Textfragmente einen unmittelbaren Zugang zu den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Herrschaft ermöglicht. Alle Literaturbegeisterten sind herzlich eingeladen, sich an dieser öffentlichen Lesung zu beteiligen. Selbstverständlich ist auch reines Zuhören möglich! In Kooperation mit der Münchner Stadtbibliothek und der Fachschaft AVL der Ludwig-Maximilians-Universität.